Nachlese: Sprach Feuer Werk

Seit 2013 bietet das Symposion Europäischer Bildhauer dem LITERATUR RAUM im BILDHAUERHAUS auf dem Hügel von St. Margarethen Platz für eine synergetische Verbindung von Kunst und Literatur. Zum 9. Mal wurden Autorinnen und Autoren eingeladen, sich von den Skulpturen der ehemaligen Bildhauersymposien inspirieren zu lassen. Wie jedes Mal folgte das Publikum gespannt den performativen Lesungen und ließ sich von den Darbietungen überraschen. Der Ort ist dazu angetan, zu experimentieren und die literarische Avantgarde zu zeigen. Experimentelle Lyrik ist das Fach von Ferdinand Schmatz, der aus dem Institut für Sprachkunst der Universität für Angewandte Kunst Wien die jungen  AutorInnen Frieda Paris – mit einem berührenden Text zur Bildhauerin Alina Szapocznikow – und Rick Reuther – mit einem poetischen Ritual vor der Skulptur von Heinz Pistol – mitbrachte. Die österreichisch-amerikanische Autorin Ann Cotten reiste aus Berlin an, um die Inspirationen, die aus der Beschäftigung mit Sprache entstehen, noch zu bereichern. Nachdem der argentinische Gitarrist Diego Muné dem Programm einen fulminanten Schlusspunkt gesetzt hatte, fand der Tag am Feuer vor dem Abendhimmel seinen Ausklang.

Kurzfilm: https://vimeo.com/213076402

Idee / Konzept / Organisation: Beatrice Simonsen für Kunst und Literatur in Kooperation mit dem Institut für Sprachkunst der Universität für Angewandte Kunst Wien, GAV und SEB. Mit herzlichem Dank für die Förderungen von Bundeskanzleramt-Sektion Kunst, Kulturabteilung des Landes Burgenland, Gemeinde St.Margarethen und unserem Sponsor Baufirma WAHA.

Fotogalerie: Dirk Simonsen
Film: Johan Simonsen

27. April : Mozart, Beethoven, Schubert, Takács …

Mit Spannung wurden ROBERT LEHRBAUMER und seine Student_innen am 27. April im voll besetzten Saal des Kulturzentrums in Siegendorf erwartet. Man war gekommen, um den Ausführungen des renommierten Pianisten zu folgen und die Kompositionen von Jenő Takács in seiner Heimatgemeinde seit langer Zeit wieder einmal zu hören – Bürgermeister Mag. Rainer Porics hieß die Gäste willkommen. Mit Verve und Charme zog Prof. Lehrbaumer einen Spannungsbogen von Mozart bis Takács und gewann im Nu nicht nur die Aufmerksamkeit sondern auch die Herzen des Publikums. Mit ebensolcher Leidenschaft widmeten sich die jungen Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt – Sayoko Akimoto, Donya Hosseinivand, Toranj Mashayekhi, Milana Nosek, Karl Irsigler und Oktay Karimishad – den zum Teil anspruchsvollen Musikstücken des österreichisch-ungarischen Komponisten und schließlich war der Jubel über die virtuosen Darbietungen ihres Lehrers groß. Das Ziel einer Verbindung von Kunst und Literatur erfüllte der wie der Komponist aus dem Burgenland stammende Autor JAKOB MICHAEL PERSCHY mit Leichtigkeit. Seine Lesung versprühte jenen Humor und Feinsinn, der demjenigen nachgesagt wird, der hier gefeiert wurde: Jenő Takács!

Kurzfilm mit Robert Lehrbaumer / Moderation
und Sayoko Akimoto / Klavier / Jenö Takács Toccata Nr.2
© Dirk Simonsen

Takacs56

Eine Veranstaltung zum Gedenken an Jenő Takács (1902 – 2005)
Idee/Konzept/Organisation: Beatrice Simonsen

Mozart, Beethoven, Schubert, Takács … | Konzert und Lesung im Kastell
Begrüßung: Mag. Rainer Porics, Bürgermeister der Marktgemeinde Siegendorf
Konzert:
ROBERT LEHRBAUMER
interpretiert, moderiert und präsentiert junge Pianistinnen und Pianisten:
Sayoko Akimoto, Donya Hosseinivand,Toranj Mashayekhi, Milana Nosek, Karl Irsigler und Oktay Karimishad
Lesung:
JAKOB MICHAEL PERSCHY

Eintrittskarten sind im Rathaus, Rathausplatz 1, 7011 Siegendorf, erhältlich.
Vorverkauf : €12,- / €8,- (Jugendliche bis 18 Jahre)
Abendkassa : €15,- / €10,- (Jugendliche bis 18 Jahre)
Telefonische Reservierung unter 02687 48261.

Eine Kooperation von Kunst und Literatur, der Jenő Takács Stiftung, der Marktgemeinde Siegendorf und mit freundlicher Unterstützung des Klavierhauses Gustav Ignaz Stingl, Wien. Wir danken Herrn Prof. Robert Lehrbaumer für seinen Auftritt!

lehrbaumer

Robert Lehrbaumer wurde in Wien geboren und war Mitglied der Mozart-Sängerknaben. Er begann schon als Neunjähriger seine Pianistenlaufbahn, später trat er auch als Konzertorganist und Dirigent regelmäßig auf und ist heute in nahezu allen Ländern und Hauptstädten Europas, in Nord-, Mittel- und Südamerika, Afrika sowie im Nahen und Fernen Osten in berühmten Häusern (Wiener Musikverein und Konzerthaus, Carnegie-Hall New York, Suntory Hall Tokyo etc.) zu Gast.

Seine Ausbildung erfolgte an der Wiener Musikhochschule (heutige Musikuniversität) bei den Professoren G. Schwarbauer, H. Schwertmann, H. Medjimorec (Klavier Konzertfach), Dr. R. Scholz (Orgel Konzertfach), O. Suitner (Dirigieren) und Th. Chr. David (Tonsatz/Komposition).

Es folgten Auftritte mit den Wiener Philharmonikern, den Wiener Symphonikern, den Niederösterreichischen Tonkünstlern, dem Mozarteum Orchester Salzburg, der Camerata Salzburg und vielen anderen Klangkörpern, unter Dirigenten wie Claudio Abbado, André Previn, Yehudi Menuhin u.v.m. Neben der solistischen Konzerttätigkeit arbeitete er vor allem mit Walter Berry und Angelika Kirchschlager sowie mit Anton Dermota, Philippe Entremont, Adrian Eröd, Friedrich Gulda, Michael Heltau, Helmut Lohner, Elfriede Ott, Erika Pluhar, Ildiko Raimondi, Wolfgang Schneiderhan, Bo Skovhus u.v.a. sowie mit vielen prominenten Ensembles zusammen.

Zudem widmete er sich auch Ur- und Erstaufführungen mit Werken von Gottfried von Einem, Jenö Takács, Robert Schollum, Helmut Eder, György Kurtág, Ivan Eröd, Astrid Spitznagel u.a. und ist außerdem unterrichtend tätig.

 

Sayoko AkimotoSayoko Akimoto 1985 in Tokio, Japan, geboren, begann im Alter von 5 Jahren mit dem Klavierspiel. Sie trat mit 12 Jahren in die Toho-Musikschule (Hauptfach Klavier) ein. Seit 2011 studiert sie in Wien am Prayner Konservatorium, seit 2013 bei Prof. Robert Lehrbaumer. Sie tritt als Klaviersolistin, Kammermusikerin und Liedbegleiterin auf.

 

DonyaDonya Hosseinivandaalipour 1995 in eine künstlerische Familie in Teheran hinein- geboren – der Vater ist Regisseur und Film-Verleger -, studierte sie an der ”Fine Art School of Tehran“ Malerei und begann mit 15 Jahren Klavier zu spielen. Seit 2014 lebt sie in Wien, wo sie am Prayner Konservatorium bei Prof. Robert Lehrbaumer Klavier studiert. Gleichzeitig komponiert sie – 2016 wurden ihre Musikstücke für Theater und Film aufgeführt. Seit 2017 studiert sie auch Malerei an der Akademie der bildenden Künste.

Karl Irsigler

Karl Irsigler 1933 in Amstetten geboren. Facharzt für Innere Medizin, spezialisiert auf dem Gebiet des Diabetes, der Ernährungstherapie, des Übergewichtes und der Blutfette. Emeritierter Primarius der 3. med. Abteilung mit Stoffwechsel-Erkrankungen im Krankenhaus Wien-Lainz. Emeritierter Universitätsprofessor. Ehemals Präsident der Österreichischen Diabetesgesellschaft. Ehemals Beratungstätigkeit für das Gesundheitsministerium zur Auswertung des ersten vorsorgemedizinischen Projektes in Österreich. Gründer des Ludwig Boltzmann-Institutes für Stoffwechselerkrankungen und Ernährung. Buchautor: Gesundheitsplanung: Diät 2000, Cholesterin, Diabetes, Herzinfarkt. Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der Österreichischen Diabetes-gesellschaft. Drei Söhne, Karl, Severin und Paul, mit Gattin Helene Irsigler. Musikalische Tätigkeit als Amateur am Klavier: Vom 7. bis zum 17. Lebensjahr Klavierunterricht in Amstetten. Nach langer Pause Unterricht bei Prof. Walter Panhofer, Geoffrey Greyman und Prof. Walter Fleischmann. Ab 1983 fast ununterbrochen Teilnehmer der AMA (zuerst Aschbacher, dann Altenburger Musikakademie) bei den Meisterklassen von Prof. Robert Lehrbaumer.

MINAMI KASUGAMinami Kasuga 1989 in Tokio, Japan, geboren, erhielt im Alter von 4 Jahren den ersten Klavierunterricht an der Tokyo Musik Universität. 1997 trat sie erstmals im Ausland (Warschau) auf. Seit 2001 lebt sie in Wien und studiert Konzertfach an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und am Prayner Konservatorium. Sie erhielt mehrere Preise, u.a. 2002 2. Preis beim Ⅱ. Wiener Pianisten-Wettbewerb, 2008 2. Preis beim Prima La Musica Landeswettbewerb in Wien. /Wegen Krankheit verhindert!

Oktay Karimishad

Oktay Karimishad 1989 in Teheran, Iran, geboren, begann 2013 mit dem Klavierstudium bei Prof. Rafael Minaskanian und wechselte 2014 an das Prayner Konservatorium zu Prof. Robert Lehrbaumer. Außerdem nahm er mehrmals an den Altenburger Meisterkursen teil und studiert seit 2016 auch Instrumental (Gesangs) Pädagogik.

 

photoToranj Mashayekhi in Teheran, Iran, geboren. Sie erhielt mit sieben Jahren ihren ersten Musikunterricht in ihrer Heimat bei Prof. Gagik Babayan. Seit 2015 studiert sie Klavier bei Prof. Robert Lehrbaumer am Prayner Konservatorium in Wien. Wichtige Impulse erhielt die Musikerin auch auf Meisterkursen u. a. in Altenburg mit Schwerpunkt auf Jenö Takács. Besonders gerne spielt sie zeitgenössische Musik. Neben ihrer künstlerischen Laufbahn studiert sie seit 2017 Musikwissenschaft an der Universität Wien.

Milana Nosek

Milana Nosek „Am 02.08.2005 wurde ich in Starnberg, Bayern, geboren. Ich wurde zum Klavierspielen inspiriert, als ich mein erstes kleines Konzert, von Kindern gespielt, besuchte. Mit 7 Jahren fing ich an Klavierunterricht zu nehmen. Die ersten 3 Jahre meines Musikunterrichts führte mich Viera Fischer. Während dieser Zeit durfte ich jedes Jahr bei den „Musikferien am Starnberger See“ teilnehmen, einer Neujahres-Musikakademie, die unter der Schirmherrschaft der weltberühmten Geigerin Julia Fischer stattfand. 2014 nahm ich am Bayrischen Wettbewerb „Jugend musiziert“ teil und gewann den 1. Preis. 2015 wurde ich in die Prager Sommerakademie aufgenommen und nahm intensiv Unterricht von Prof. Kahanek. 2016 verbrachte ich mit meiner Familie ein halbes Jahr in Brno (Tschechien), wo mich Prof. Martin Fišl unterrichtete. Dort habe ich mich für den Klavierwettbewerb „Amadeus 2016“ qualifiziert. Meine Interpretation von Mozarts Sonate Nr. 7 in C wurde mit der Sonder-Anerkennungsurkunde der Jury belohnt. Im Herbst letzten Jahres lernte ich Prof. Lehrbaumer kennen. Seitdem freue ich mich jede Woche auf unsere gemeinsamen musikalischen Auseinandersetzungen. Die Stunden bei ihm sind nicht nur harte Arbeit, sondern auch Spaß.”

Lesung von Jakob Michael Perschy

Jakob PerschyJakob Michael Perschy, Dr. phil, geb. 1960, aufgewachsen in Neusiedl am See, hat Bücher gelesen, verkauft, verliehen, lektoriert, rezensiert, redigiert, herausgegeben und schließlich auch selbst welche geschrieben. Er leitet die Burgenländische Landesbibliothek in Eisenstadt.

Fotos: Julia Cencig (Porträt Robert Lehrbaumer), Jenő Takács Stiftung (Porträt Jenö Takács), Dirk Simonsen (Steinröschen im Naturschutzgebiet Siegendorf und Fotogalerie)

70. Geburtstag von Manfred Chobot

Manfred Chobot zum 70. Geburtstag am 3. Mai 2017

Beatrice Simonsen im Gespräch mit dem Autor

Seit rund 50 Jahren ist Manfred Chobot Teil der Wiener Kunstszene, sowohl als Galerist denn auch als vielseitiger Autor. Hörspiel und Kinderbuch, Radio-Feature und Dialektgedicht, Dokumentation und Roman – es gibt kaum ein Genre, das er nicht bedient hat. Zwar wechselt der umtriebige Autor gern die Umgebung, aber nicht den strengen Tagesplan von täglichen acht Schreibstunden. Im Gespräch in seiner Wiener Wohnung erzählt er von seinen literarischen Ursprüngen in den wilden 1960ern und seiner lebenslangen Kunstaffinität.

Beatrice Simonsen: Deine Wohnung in der Yppengasse im 16. Bezirk ist ja ein wahres Kunstkabinett – wohnst du schon lange hier?

Manfred Chobot: Meine Eltern hatten einen Lebensmittelgroßhandel in diesem Haus. Der Yppenmarkt war der Großhandelsmarkt. Das war jene Zeit, als es noch Greißler gab, die haben hier Obst und Gemüse gekauft. Heute gibt es nur mehr Wirtshäuser, in der Ottakringer Straße sind es die kroatischen und serbischen und um den Yppenplatz sind es die türkischen. Die Ottakringer Straße ist die Grenze, hier Jugoslawien und dort die Türkei – komischerweise. Jedenfalls haben die Greißler damals, bevor sie ihr Geschäft aufgesperrt haben, am Yppenmarkt Obst und Gemüse gekauft, Wurst und Käse bei einem der Großhändler, außer meinem Vater gab es noch drei oder vier weitere. Vom Emmentaler hatte der Vater gleich mehrere riesige Laibe vorrätig. Mit dem Käsbohrer konnte man prüfen, ob der Käse schon reif ist. Man hat hineingebohrt und das Loch dann wieder mit ein bisschen Käse zugeschmiert, damit keine Luft reinkommt und der Laib nicht schimmelt.

Das sind offenbar tiefe Eindrücke aus deiner Kindheit. Du hast dann aber Kulturtechnik studiert, wolltest nicht den Lebensmittelgroßhandel übernehmen?

Es war damals schon absehbar, dass das nicht weitergeht. Der Yppenmarkt ist 1971 abgebrannt, dies war der Grund, warum die Gemeinde schnell den Grünmarkt in Inzersdorf gebaut hat. Kurzfristig spukte die absurde Idee herum, im Wienfluss-Bett eine Stadtautobahn zu errichten und dort, wo jetzt der Flohmarkt ist, den Großmarkt zu errichten. Nach dem Brand haben nur mehr wenige Gemüsegroßhändler wieder aufgebaut und der Vater ist in Pension gegangen, weil im Supermarkt die Waren billiger verkauft wurden als er sie eingekauft hatte.
Ich wollte immer Technik studieren, wusste aber nach der Matura nicht, ob ich Hochbau, Tiefbau, Maschinenbau, Straßenbau oder Elektrotechnik studieren sollte – hatte keine Ahnung, was mich mehr interessieren würde? Da kam mir die Idee mit der Kulturtechnik, weil dieses Studium irgendwie dazwischen liegt. Ich war wild entschlossen, Kulturtechniker zu werden – und dann kam die Schreiberei.

Was heißt: „dann kam die Schreiberei“, wie kam sie denn?

Ich habe in meinen jungen Jahren Leistungssport betrieben und bin immer zum Schwimmtraining gefahren, im Winter ins Dianabad und im Sommer ins Engelmannbad, dort ist jetzt wieder ein Eislaufplatz. Gewohnt hab ich und in die Schule gegangen bin ich in Meidling. Auf der Fahrt zum Trainieren hab ich immer viel gelesen. Irgendwann wurde das Dianabad niedergerissen und ich war allein beim Training im Theresienbad. Das war fad und so hab ich mir beim Training Gedichte ausgedacht, die ich dann niedergeschrieben habe.

Während dem Schwimmen?

Ja, ich habe das damals „Wasserdichtung“ genannt (lacht). Das waren furchtbare Elaborate, sehr konventionell, was man halt in der Schule gelernt hatte, dass es sich reimen sollte und so pathetisches Zeug. – Später, 1989, hab ich übrigens „Sportgedichte“ veröffentlicht und dabei literarisch meine sportlichen Erfahrungen umgesetzt. – Sehr bald bin ich mit den „Literaturproduzenten“ in Kontakt gekommen, die „Neuen Wege“, Peter Henisch und die Leute vom „werkstatt aspekt“ kannte ich bereits – und gleichzeitig kam die Zuwendung zur bildenden Kunst.

Wann war das?

Die Galerie haben wir hier im Haus 1971 unter dem Namen Atelier Yppen begonnen. Im August fand die erste Ausstellung statt, mit Freunden wie: Adolf Frohner, Heinz Stangl, Karl Anton Fleck, Heinrich Heuer, Christine Heuer. Später haben wir Grafikeditionen verlegt und waren mehr oder weniger die erste Galerie, die Skulptureneditionen herausgebracht hat.

Die Galerie hast du immer zusammen mit deiner Frau Dagmar geführt?

Am Anfang war ich mehr involviert, weil Dagmar in der Bank arbeitete. Später hat sie eine Filiale geleitet, damit war sie ziemlich ausgelastet.

Wie habt ihr begonnen?

Der Anfang war der: Wir haben, als wir anno 1968 geheiratet haben – kirchlich! dann sind wir ausgetreten –, ein Inserat im Kurier gelesen: Klimt und Schiele verkauft die Galerie XY (Anm.: Name geändert). Da war gerade eine Ausstellung in der Albertina und wir haben gesagt, da kaufen wir uns eine Zeichnung von Schiele. Das war ein bissl naiv, denn das lag jenseits unserer Möglichkeiten, außerdem war das Inserat ein Schmäh. Der Galerist hat uns übers Ohr gehauen, hat uns Grafiken aus zerschnittenen Ausstellungskatalogen als Originale verkauft. Daraufhin waren wir überzeugt, dass alle Galeristen Gangster sind und wir werden nur mehr bei den Künstlern selbst kaufen. In der Secession gab es den Jour fixe, da sind wir regelmäßig hingegangen und haben schnell viele Künstler kennengelernt, den Frohner, den Staudacher, den Hrdlicka, den Ringel und Zeppel-Sperl … also alle, die heute Rang und Namen haben. Fast jeden Tag besuchten wir damals Galerien, es gab ja nur eine Handvoll, heute ist die Situation unübersichtlich geworden.

Und gleichzeitig hast du begonnen zu schreiben?

Nein, begonnen zu schreiben hab ich schon 1965 und veröffentlicht ab 1970/71. Mein Vorteil war, dass ich zu den „Literaturproduzenten“ gekommen bin. Das war eine Wohngemeinschaft in der Wiedner Hauptstraße, wo man sich einmal in der Woche getroffen hat. Es war als Nicht-Verein konzipiert, jeder der kommt, ist dabei. In dieser WG haben gewohnt: der Volksstimme-Redakteur Lutz Holzinger, der Musiker Wilhelm Zobl und Michael Springer, Mitarbeiter beim Neuen Forum. Ich habe dort Elfriede Jelinek kennengelernt, Friederike Mayröcker, Ernst Jandl, Elfriede Gerstl und viele mehr. Der Verlag Jugend und Volk brachte eine Reihe unter dem Titel „Edition Literaturproduzenten“ heraus, die Verantwortung für die einzelnen Bände lag bei den Literaturproduzenten. Der Verlag stellte nur die Infrastruktur zur Verfügung. Sieben Bücher waren pro Jahr geplant, das sind dann bald weniger geworden. Es ging darum, bekannte und junge Autoren zu mischen. Und ein Band der ersten Tranche war: Neue Autoren 1 – Manfred Chobot, Marie-Thérèse Kerschbaumer, Thomas Losch (Anm.: 1972). Von Elfriede Jelinek erschienen Musikessays. Die Bände kosteten bloß 30 Schilling, was sehr wohlfeil war.

Da warst du 25. Und dann kam schon dein erstes eigenes Buch „Der Gruftspion“?

Das war das zweite, das erste hieß „projekte – Eune Ylluschtrirte“ und erschien im Maro Verlag. Denn es gab in Deutschland noch eine andere sehr wichtige Schiene, über die Kontakte zustande kamen: Josef Wintjes, der zwar bei Krupp angestellt war, aber auch ein alternatives Vertriebssystem für Literatur aufgebaut hatte. Besagter Wintjes lebte mit einer Krankenschwester zusammen, die für eine Prüfung lernte, dabei stolperte er über das Wort „Ulcus molle“ – das ist der weiche Schanker (Anm.: eine Geschlechtskrankheit). Das Wort gefiel ihm so gut, dass er sich selbst so nannte. Dereinst, lange vorm Internet, hat man viele Briefe geschrieben und hat sich so kennengelernt. In diesem „Literarischen Informationszentrum“, wie er es nannte, fand man die abstrusesten Publikationen und Kleinstauflagen.
Da wir voll Tatendrang waren, habe ich mit Gerhard Hanak und Wolfgang Stagel die Zeitschrift „astma“ gegründet, später trat Wolfgang Reischl an die Stelle der beiden anderen – das war nämlich noch die Zeit der Matrizen, mit der Schreibmaschine getippt und beim VSSTÖ gedruckt. Da ich als Einziger über 21 war und somit großjährig, war ich für den Inhalt verantwortlich, denn ich hatte darauf bestanden, die Zeitschrift offiziell anzumelden. Prompt bekamen wir eine Anzeige der Pressepolizei – das wirft ein Licht auf den Staat –, weil die „gruppe astma“ kein Verein war, was niemandem einen Schaden verursachte. Der Beamte hätte sagen können: Ändert das Impressum bei der nächsten Ausgabe oder gründet einen Verein. Aber nein, wir mussten 200 Schilling Strafe bezahlen. Daraufhin haben wir auf den Umschlag unserer nächsten „publikazion für einen elitären kreis“ – „elitär“ wegen der kleinen Auflage und nebenbei waren wir auch radikale Orthographie-Erneuerer – die Strafverfügung abgedruckt und sofort meldete sich eines Abends ein Herr Hofrat Soundso.
Ich dachte, das wäre ein Witz, denn er sagte: „Sie werden angezeigt wegen Pornographie. Das Gedicht auf Seite soundso ist pornografisch, und Sie sind für den Inhalt verantwortlich.“ Und ich sagte immer nur: „Ja. Ja.“ Es ging um ein politisches Agitationsgedicht – sehr schlecht. Tatsächlich wurde ich vorgeladen, das war lachhaft, es gab mehrere Tische und überall saßen Redakteure beim Verhör, die wegen Pornographie angezeigt waren. Lächerlich. Im Kino spielte man „Stille Tage von Clichy“ und wegen eines Gedichts sollten wir gegen das Pornographiegesetz verstoßen haben? Der Hofrat erklärte: „Wenn dasselbe Kunstwerk von Ernst Fuchs ist, handelt es sich um Kunst, wenn es von einem Studenten stammt, ist es Pornographie.“ Ich hab ihn gefragt: „Aber gibt es nicht einen Paragraphen, der besagt, dass vor dem Gesetz alle gleich sind?“ Das Ganze hat mein Verhältnis zum Staat nachhaltig deformiert. Nach der dritten Nummer hab ich „astma“ abgemeldet. Dann war Ruhe.

Jedenfalls hast du dich vom Publizieren nicht abhalten lassen, denn seit 1978 ist fast jedes Jahr ein Buch von dir erschienen …

Manche Leute behaupten, ich sei ein Vielschreiber, aber das stimmt nicht. Ich bin ein Langsamschreiber, hingegen ein Konsequentschreiber. Da ich mich praktisch jeden Tag zum Computer setze – früher zur Schreibmaschine – schreibe ich jeden Tag. Oder sagen wir, 280 Tage sitze ich sicher beim Schreibtisch. Früher war ich noch konsequenter: acht Stunden schlafen, acht Stunden schreiben wie jeder Berufstätige, acht Stunden Diverses: essen, lesen …

Was sind denn deine Schwerpunkte beim Schreiben? Es gibt ja eine ganze Reihe von Veröffentlichungen im Dialekt?

Ich war der Hochsprache und der Lyrik gegenüber von Beginn an misstrauisch gesonnen, die Angst vorm Kitsch saß sehr tief. Ich habe versucht Silbengedichte zu schreiben, da wusste ich noch nicht, dass es Cut ups gab. Das waren so Spielereien, ich hab berühmte Gedichte zerschnipselt und wieder zusammengesetzt. Nur dem Dialekt hab ich nicht misstraut, er ist die subtilere, poetischere Variante der Sprache. Ich war mit Hans Haid und Bernhard Bünker befreundet: die neue Dialektdichtung war angesagt durch das „Internationale Dialektinstitut“ und die Zeitschrift „Schmankerl“ von Friedl Brehm. Wir unterschieden zwischen Dialekt und Mundart! Mundart war etwas für die Konservativen mit ihrer verlogenen Idylle – wo gab es denn in den 1970ern noch Gänse und einen Dorfteich?
Ich habe eine eigene Orthographie entwickelt, indem ich die unnötigen Buchstaben eliminierte, wie das X – wer braucht schon ein X? Das heißt ganz simpel iks – aus! Oder Zwitter wie das V – entweder ist es ein F oder ein W – und das Y, das ist ein i oder ein Ü; auch das Dehnungs-H ist absolut unnötig. Und wieso ist ein ie ein langes i? Mein erster Dialektgedichtband „Waunst in Wean“ (Anm.: Wenn du in Wien) erschien 1978, Peter Sengl hat ihn illustriert, graphisch aufgelockert. Ein anderer aus dem Jahr 2000 heißt „Kumm haam in mei Gossn“ (Anm.: Komm heim in meine Gasse), wo ich eine Wiener Dialektredewendung aufgriff – einerseits die Bitte an jemanden zu mir heimzukommen und andererseits die Drohung: Du wirst schon noch in meine Gasse kommen!

Du hast ja öfters mit bildenden Künstlern zusammengearbeitet …

Früher noch mehr als heute, aufgrund der Freundschaft mit zahlreichen Künstlern. Zuletzt habe ich mit der Fotografin Petra Rainer zusammengearbeitet („Der Wiener Brunnenmarkt oder Wie man in der eigenen Stadt verreist“, 2012) oder mit Regina Hadraba („Die Ernte der Stachelbeeren“, Text-Clips, 2007) und mit Helga Cmelka („Die Erinnerung preisgeben“, Gedichte, 2007).

Deine Affinität zur bildenden Kunst war immer parallel da?

Das muss ich ein wenig ausholen: 1972 bin ich im ORF gelandet. Da gab es auf Ö3 die Musikbox (Anm.: ab 1967), und ich hab meine Texte hingeschickt. Daraufhin rief mich Alfred Treiber an, war gleich per Du: „Also wir machen eine Sendung und ein Interview mit dir!“ – „Wann?“, hab ich gefragt und er: „Na jetzt!“ Ich war einem Herzinfarkt nahe. Mir war klar, dass der ORF nicht alle paar Wochen eine Sendung mit mir gestalten würde, jedoch mir gefiel die Atmosphäre des Funkhauses, daher machte ich Vorschläge für Sendungen, übersetzte aus dem Englischen – und schon war ich Mitglied der Redaktion. Bald danach ging der Treiber mit einem UNESCO-Projekt nach Afghanistan, um in Kabul den Rundfunk aufzubauen – er wollte nämlich nicht zum Militär und Ersatzdienst gab es noch nicht. Dadurch bot sich mir die Gelegenheit die Spezialbox zu gestalten, die Literatur-Sendungen jeden Donnerstag. Als der Treiber nach drei Jahren zurückkam, gründete er die Feature-Redaktion und später baute er Ö1 auf.

Im Laufe der Zeit habe ich für mehrere Redaktionen gewerkt. Es gab „A day in a life“ – das war sehr modern, alles Englisch zu benennen – eine Sendung, die aus Straßeninterviews bestand, mit Fragen wie: „Was schauen Sie sich am liebsten im Fernsehen an? Glauben Sie an Gott?“ Man überrumpelte die Leute auf der Straße mit solchen Fragen. Daraus wurde im Studio eine Collage, eine Montage gebastelt. Straßeninterviews waren damals modern, dadurch wurde der Anschein erweckt, jeder könne im Rundfunk mitreden. Mein Ansatz war dagegen eine Persiflage. 1982 begann ich Features zu gestalten, habe alle O-Töne selbst aufgenommen, die Tonbänder selbst geschnitten, selbst Regie geführt. Außerdem verfasste ich zahlreiche Rezensionen sowie andere Beiträge für Ö1, für die regionalen Programme des ORF, den Schulfunk, für Ö3. Zirka zehn Jahre hab ich das gemacht. Irgendwann wollte ich nicht mehr dem Goodwill von irgendwelchen Redakteuren ausgeliefert sein und ich sagte mir: Da setz ich mich lieber in die Galerie und muss keine Mitarbeiter zahlen. Fulltime wollte ich niemals in der Galerie sein, ich wollte ja schreiben und seit die Galerie 1983 in die Domgasse übersiedelte, übernahm Dagmar die Leitung.

Du bist ja auch viel auf Reisen und schreibst viel darüber, zum Beispiel über so ferne Länder wie Hawaii … (Anm.: „Maui fängt die Sonne“ Mythen aus Hawaii 2001; „Reisegeschichten“ 2003; „Aloha!“ Briefe aus Hawaii 2008; „Mich piekst ein Ameisenbär“, Weltgeschichten 2013)

Dagmar und ich wollten nicht auf die Pension warten, um dann mit dem Reisen zu beginnen und das war gut, denn es gibt etliche Destinationen, die ich heute meide. Als wir einmal bei der Kunstmesse in Los Angeles waren und einer der Künstler nach Hawaii flog, haben wir das im folgenden Jahr nachgemacht. Am Neusiedlersee hab ich mit dem Surfen angefangen. Ich dachte, da lässt sich auf dem Brett meditieren (lacht) – das geht aber nur bei einem Lüfterl –  aber meine Leidenschaft wurde immer extremer, es wurde ein Kampf, ich hatte schließlich sogar geprellte Rippen. Da reizte mich Hawaii, auf dem Meer ist es ganz anders als auf einem See. Indes als ich das erste Mal dort war (1995), gab es kaum Wind, und ich hatte viel Zeit zum Schreiben. Ich hab mich mit der Geschichte und Kultur der Inseln auseinandergesetzt, hatte dort aber auch Zeit, meine „Stadtgeschichten“ (Anm.: 1999) zu schreiben, auf Maui.

Um was geht es dir, wenn du über die Stadt schreibst?

Ich hab einmal ein Feature mit Wendelin Schmidt-Dengler in den Straßen von Wien gemacht. Wir haben uns vor dem Gymnasium auf der Stubenbastei getroffen und sind durch jene Straßen gegangen, die nach Dichtern oder Schriftstellern benannt waren, die man heute nicht mehr kennt, und dabei haben wir über diese Autoren geplaudert. Dieses Thema hab ich dann recycelt und 2014 mit Beppo Beyerl das Buch „Straßen des vergänglichen Ruhms“ gemacht. Jeder hat sich ein paar Namen ausgesucht und geforscht, wer diese Menschen waren. Beppo ging es mehr um die Tschechen und Slowaken, mir ging es um die einst berühmten Vormärzdichter, die heute völlig vergessen sind, und wir haben amüsante Geschichten herausgefunden. Zum Beispiel gab es den Aloys Blumauer, ein witziger Autor, der eine Ode an den Mond schrieb, was dereinst höchst en vogue war, aber er hat den Mond beschimpft! So in der Art, er habe sein Licht von seiner Frau, der Sonne und so weiter. Oder die Geschichte von der „Zauberzither“, die von Joachim Perinet ist – in der Straße hatte übrigens Otto Mühl sein Atelier, dort gab es eine Einmauerung von Mühl, Frohner und Nitsch als Kunstaktion – und die Mozart und Schikaneder ihm geklaut haben.

… du könntest mir bestimmt noch tagelang so interessant weitererzählen! Danke dir sehr, das war für mich als Fan von Kunst und Literatur sehr aufschlussreich! Zum Abschluss möchte ich dich noch fragen, was du dir zu deinem 70. Geburtstag wünschst?

Ich bin jetzt seit fast 50 Jahren in der Szene und wünsche mir, dass ich mindestens noch eine oder zwei runde Dezennien durchstehe, ohne völlig vertrottelt zu sein – und ein paar Bücher möchte ich auch noch schreiben.

Manfred Chobot

Foto: Beatrice Simonsen

Grenzräume. Rezensionen und Buchpräsentationen

Grenzräume. Eine literarische Spurensuche im Burgenland

In der kritischen Anthologie der Herausgeberin Beatrice Simonsen wird das literarische Schaffen im Burgenland aus dem Blickwinkel seiner jungen Geschichte bis in die Gegenwart in Augenschein genommen. Der Wechsel von „Innen-und Außenansichten“ von burgenlandnahen und -fernen Autorinnen und Autoren bewirkt erhellende und bisweilen überraschende Ein- und Ausblicke über die Grenzen hinweg. Literaturkritische, journalistische und literarische Beiträge von Esad Babačić, Theodora Bauer, Sabine Dengscherz, Cornelius Hell, Michal Hvorecký, Alexander Kluy, Martin Kubaczek, Martin Leidenfrost, Wolfgang Millendorfer, Ana Schoretits, Ingrid Schramm, Beatrice Simonsen, Krisztina Tóth und Wolfgang Weisgram sowie Gesprächsbeiträgen von Helmut Stefan Milletich, Katharina Tiwald und Günter Unger zeigen die „Literaturlandschaft“ im jüngsten Bundesland Österreichs, mit dem Ziel diese nach allen Himmelsrichtungen hin zu öffnen.

Buchpreis: 22 Euro
Bestellungen (ISBN 978-3-99016-079-4) bei edition lex liszt 12

REZENSIONEN

“Das Vademecum der Burgenland-Literatur” (Link zur Rezension) von Dominic Horinek in Der Standard

Europäischer Mikrokosmos” von Christian Heindl in der Pressburger Zeitung 

Einen europäischen Mikrokosmos präsentiert Herausgeberin Beatrice Simonsen in der Anthologie „Grenzräume“. Diese literarische Spurensuche im Burgenland zeigt eine vielfältige Landschaft, in der das Miteinander oder zumindest ein funktionierendes Nebeneinander die geistigen Grenzzäune überwunden hat. Die Vielfalt an Volksgruppen im kleinsten österreichischen Bundesland sollte positiv zu denken geben: Neben der deutschsprachigen Mehrheit leben Kroaten, Ungarn, Roma und Sinti sowie – in steigendem Maß – Slowaken.

Es ist eine doppelte Spurensuche, die einerseits der Präsenz von Literaten im Grenzraum nachspürt, zum anderen auch für diesen Band geschriebene kleine literarische Kostbarkeiten enthält. Einmal mehr ist die Slowakei mit Michal Hvorecký vertreten, der mit „Burgenland-Pop. Oder: Wie die Blasmusik über die Grenze kam“ eine Miniatur von geradezu Herzmanovsky-Orlando’scher Qualität über einen Ort im Dreiländereck erzählt, dessen Bewohner zu KP-Zeiten begeistert aus Bratislava das ČSSR-Fernsehen empfingen, weil dieses so hochwertige Blasmusik ausstrahlte.

Sachlicher, aber nicht minder faszinierend der Bericht des niederösterreichischen Wahl-Pressburgers Martin Leidenfrost über die Entwicklung in Kittsee, wo sich seit dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ eine slowakische Gemeinde bildete, die heute rund ein Drittel der zwischenzeitlich 3.000 Bewohner stellt: Bevölkerungsverschiebungen in grenzfreien Räumen, die auch in näherer Zukunft hoffentlich nicht durch neue Zäune künstlich gebrochen werden. In jedem Fall liefert dieser Band eine spannende Erweiterung des Bildes dieser Region zwischen den Nationen – Prädikat: lesenswert!

Weitere Rückmeldungen

Toll diese Einblicke ins Burgenland. (…) Für mich als Historikerin war es wirklich spannend über die “Zeitungsconnection” Wien-Bratislava und auch über die Wirkung von burgenländischem Rotwein auf Salzburger Bierliebhaber zu hören. Köstlich. (Barbara Musil)

Ich habe schwierige Zeiten als Kind in der Schule in Eisenstadt verbracht. Aber dieses Buch hat mich mit dem Burgenland versöhnt. Die Beiträge haben mein Herz und mein Hirn erreicht. Besonders Ihr Beitrag hat mir gefallen, er erzählt so über die Literatur, dass man versteht, was gemeint ist, was sonst nicht immer der Fall ist. ()Michael Adam

Danke für die Grenzräume – wunderbar, inspirierend … (Jozi Strutz) 

Es ist inspirierend, interessant, poetisch, vielschichtig und macht Lust auf weitere Entdeckungen. (Brigitta Höpler)

Ich finde das Buch sehr gelungen, vielseitig – und „gefährlich“: es enthält etliche Leseanregungen für weitere Bücher 😉 Schön ist m.E. auch, dass die Autor*innen aus ganz unterschiedlichen Bereichen kommen und ganz unterschiedliche Perspektiven einnehmen, das macht dann insgesamt ein buntes Bild. Und das Gedicht am Ende ist ein sehr schöner Abschluss. (Sabine Dengscherz)

… hab es in einem Zug ausgelesen. Unglaublich, was man da alles über das Burgenland lernt. (Martin Leidenfrost)

Ich war überrascht, zu einer Burgenland-Anthologie eingeladen zu werden, aber jetzt, nachdem ich diese gelesen habe, erscheint mir das schlüssig. (Cornelius Hell)

Es sind Dir kluge und hochkonzentrierte, richtige und wichtige Einblicke und Zusammenfassungen gelungen – um meine Person und meine Arbeit! (…) Deine „Spuren nach Wien” fassen Wichtiges, für mich auch Neues, gekonnt zusammen. Werde auch die historischen, ethnographischen- etc. Beiträge und Einblicke der anderen lesen  – in der Überzeugung, dass Dir da was Gutes gelungen ist. (Dine Petrik)

BUCHPRÄSENTATIONEN:

6. Oktober 2016

16.30 Uhr
Westungarische Universität / Campus Savaria
Institut für Philologie und Interkulturelle Kommunikation Lehrstuhl für Germanistik Berzsenyi D. tér 2, H-9700 Szombathely
mit Sabine & Robert Dengscherz und Beatrice Simonsen

Beatrice Simonsen. Sabine und Robert Dengscherz in der Universität Szombathely

Beatrice Simonsen. Sabine und Robert Dengscherz in der Universität Szombathely

*

Ergänzende Gesprächsaufzeichnungen finden Sie unter dem Link Publikationen.

landschaft

“Die Literatur zeigt die Anschauungen und die Veränderungen der Welt und ihren Spuren wollen wir folgen. (…) Internationale Beiträge zur Anthologie sollen Grenzen sprengen, sowohl was die Grenze zwischen Literatur, Kritik, Wissenschaft, Reportage und Dokumentation als auch was die engere Betrachtung einer burgenländischen Literatur anbelangt. Alles dient dazu, über engagierte Stellungnahmen ein lebendiges, zeitgemäßes Bild einer bestimmten Region zu zeichnen.” (Buchcoverfoto: Birgit Sauer)

15. November 2015

11 Uhr
BUCH WIEN – Internationale Buchmesse, Donau Lounge
Messe Wien, Halle D
Trabrennstraße, 1020 Wien
U2 Station Krieau
mit Cornelius Hell und Michal Hvorecky
www.buchwien.at

Donaulounge

Sabine Dengscherz, Beatrice Simonsen, Michal Hvorecky, Dine Petrik, Cornelius Hell in der Donaulounge

20. November 2015
19.30 Uhr
Offenes Haus Oberwart
Lisztgasse 12
7400 Oberwart
mit Esad Babacic und Martin Leidenfrost
www.oho.at

Esad Babacic, Martin Leidenfrost, Beatrice Simonsen

Esad Babacic, Martin Leidenfrost, Beatrice Simonsen im OHO

*

25. November 2015
18 Uhr
Goethe Institut Bratislava
Panenská 33
81482 Bratislava
mit Michal Hvorecky, Karin Ivancsics und Martin Leidenfrost
www.goethe.de

*

30. November 2015
19 Uhr
Republikanischer Club Wien
Rockhgasse 1
1010 Wien
mit Manfred Chobot, Cornelius Hell und Martin Kubaczek

Manfred Chobot, Beatrice Simonsen, Cornelius Hell, Martin Kubaczek im RC

Manfred Chobot, Beatrice Simonsen, Cornelius Hell, Martin Kubaczek im RC

www.repclub.at

*

20. Jänner 2016
19 Uhr
Buchhandlung Tiempo Nuevo
Taborstraße 17 A
1020 Wien
mit Sabine & Robert Dengscherz und Ana Schoretits
www.tiempo.at

*

4. Mai 2016
19 Uhr
Seehof Rust
Hauptstraße 31
7071 Rust
mit Günter Unger

Beatrice Simonsen, Bürgermeister Gerold Stagl, Günter Unger

Beatrice Simonsen, Bürgermeister Gerold Stagl, Günter Unger im Seehof Rust

(Buchcoverfoto: Birgit Sauer)

1. April: LITERATUR RAUM im BILDHAUERHAUS

 

DSC_8084

SPRACH FEUER WERK

LITERATUR RAUM im BILDHAUERHAUS am 1. April 2017, Beginn: 17 Uhr 

St. Margarethen im Burgenland

Die Zusammenarbeit mit dem Institut für Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien bringt neue Gedanken und Ideen ins Bildhauerhaus nach St. Margarethen. Frieda Paris und Rick Reuther sind zwei junge Autor_innen, die sich mit ihrer Textarbeit den ehemaligen Internationalen Bildhauersymposien (1959 – 1993) widmen. Speziell die Skulptur der polnisch-französischen Künstlerin Alina Szapocznikow aus dem Jahr 1961 wird dabei in Augenschein genommen.

Ferdinand Schmatz, Leiter des Instituts für Sprachkunst, zählt zu den bedeutendsten Vertretern experimenteller Literatur in Österreich. Er wird aus seinem neuesten Buch „das gehörte feuer. orphische skizzen“ lesen. Als „vieldimensionales Sprachfeuerwerk“ (Haymon Verlag) gerühmt, dient es als Inspiration für den Titel des diesmaligen LITERATUR RAUMS im BILDHAUERHAUS, da auch die Autorin Ann Cotten zu jenen zählt, die sich einer erregenden Spracherneuerung stellt. Virtuos handhabt sie klassische lyrische Formen und wirbelt Denkmuster auf. Virtuos sind auch die Darbietungen des argentinischen Gitarristen Diego Muné, der die Lesungen begleiten und sich vom Bildhauerhaus inspirieren lassen wird.

Ein Bus-Shuttle bringt Sie von Wien nach St. Margarethen und zurück: Tickets je 15 €, mit Studentenermäßigung 9 €. Abfahrt von Wien Schwedenplatz um 15.30 Uhr, Rückfahrt 20.30 Uhr. Buchung bis 24. März bei beatrice.simonsen@gmx.at

Das Bildhauerhaus liegt an der Ruster Straße von St. Margarethen in Richtung Rust kommend: Am Alten Bahnhof 3, 7062 St. Margarethen.

Informationen zu den Autor_innen und zur Musik

Ann Cotten

Acotten_051982 geboren in den USA, aufgewachsen und studiert in Wien, lange auch in Berlin und kurz auch in Japan lebend, Bücher mehrere auf Deutsch und Englisch, zuletzt “Verbannt!” (ed. suhrkamp 2016), “Lather in Heaven” (Broken Dimanche Press 2016), “Jikiketsugaki.Tsurezuregusa” (Verlag Peter Engstler, 2017).   Preise (u.a.): Clemens Brentano-Preis 2008, Klopstock-Preis 2015, Hugo Ball-Preis 2017. Foto: Julien Menand

 

Frieda Paris

Foto: Silviu Guiman

1986 in Ulm geboren, lebt und schreibt seit 2009 in Wien. 2013 Abschluss des BA-Studiums der Theater,- Film und Medienwissenschaft (Universität Wien sowie Université Sorbonne Nouvelle III Paris). Im Jahr 2015 Literaturstipendiatin der Kunststiftung Baden-Württemberg. Seit Herbst 2015 Studium der Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. 2016 START – Stipendium vom Bundeskanzleramt Wien. Zahlreiche Lesungen und Performances. Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften, u.a. in Lyrik für alle (edition mosaik), Lyrik von Jetzt 3 – Babelsprech (Wallsteinverlag), Lyrik im Anthropozän (Kookbooks). Foto: Silviu Guiman.

Rick Reuther

rick-autor

wurde in Rhen geboren und studiert seit 2013 an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Er produziert Text + Situationen, unterrichtet Sprache und ist in verschiedenen NGOs wie Asyl in Not und Poika tätig. Seine Texte erschienen u.a. im BLOCK Magazin, EDIT, Randnummer, Metamorphosen und in der kookbooks Anthologie ‘all dies hier, Majestät, ist deins’. 

 

Ferdinand Schmatz

Ferdinand Schmatz1953 in Korneuburg geboren, lebt in Wien und im Burgenland. Er leitet seit 2012 das Institut für Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien und ist Nachlassverwalter und Herausgeber des Werks von Reinhard Priessnitz.

Werkauswahl (seit 1975): Sinn & Sinne. Wiener Gruppe, Wiener Aktionismus und andere Wegbereiter 1992, SPRACHE MACHT GEWALT. Stich-Wörter zu einem Fragment des Gemeinen 1994, Farbenlehre mit Heimo Zobernig, Künstlerbuch 1995, maler als stifter. Poetische Texte zur Bildenden Kunst 1997, Dichtung für alle. Wiener Ernst-Jandl-Vorlesungen zur Poetik 2013, das gehörte feuer. orphische skizzen 2016. Preise (u.a.): Anton Wildgans-Preis 2002, Georg Trakl-Preis 2004, H. C. Artmann-Preis 2006, Ernst Jandl-Preis 2009. Foto: Dirk Skiba

Diego Muné

diego mune

Der argentinische Gitarren-Virtuose Diego Muné bewegt sich mit Komplexität und Leidenschaft zwischen allen Stilen von neuer, zeitgenössischer Musik über freie Improvisation und Jazz bis hin zu anderen Genres. Internationale Konzerttätigkeit als Solist, sowie in vielen verschiedenen Formationen z.B. mit Jorge Sánchez-Chiong, Clementine Gasser, Maggie Nicols, Otto Lechner u.a.m.  Interdisziplinäre Zusammenarbeit z.B. mit Ferdinand Schmatz (Literatur), Talos Kedl und Ferdinand Böhme (bildende Kunst) sowie Filmmusik (neueste Arbeit: Musikalischer Direktor von „El Gran Vuelo”). Kurator der monatlich stattfindenden Konzert-Reihe La Musa.  Foto: Herbert Posch
http://la-musa.weebly.com/diegomune.html

 Fotos: Dirk Simonsen (Feuerzungen, Auf dem Hügel von St. Margarethen)

Seitwärts : [Poetologische Ortungen]

Die Autorin und freie Radiomacherin Wally Rettenbacher gestaltete eine poetische Sendung für Radio FRO 105,0 – Freier Rundfunk Oberösterreich über die Anthologie “Grenzräume – eine literarische Spurensuche im Burgenland” (Hg. Beatrice Simonsen in der edition lex liszt12), in der das Grenzland Österreich/Ungarn aus verschiedensten Blickwinkeln betrachtet und reflektiert wird:

Seitwärts: Poetologische Ortungen

wally-zsuzsa

Zsuzsa Rakovszky, Wally Rettenbacher, Beatrice Simonsen an der burgenländisch-ungarischen Grenze

 

Sendung jetzt hören
Sendungstitel: Grenzräume: eine literarische Spurensuche im Burgenland

Gastautor*innen: Beatrice Simonsen, Herausgeberin des Buches, Balázs Both, Wolfgang Millendorfer (Einspielung), Zsuzsa Rakovszky.

Aufnahme, Sendungsgestaltung: Wally Rettenbacher.

!!!Fotos [online]: Ábel Both

In dieser “pannonischen Reflexion” beschäftigen sich eingeladene Autorinnen und Autoren aus Österreich und Ungarn über die Grenzen hinweg in einer Art literarischen Bestandsaufnahme mit den unterschiedlichen Lebenswelten, Menschen, Ethnien und Sprachen, sowie mit verschiedenen Persönlichkeiten aus Politik, Kunst und Literatur, die diese Region prägten und prägen. Vervollständigt durch feinsinnige Landschafts- und Stimmungsbeschreibungen ergibt dieses Buch ein Zeitdokument erster Ordnung.

+++

Gemeinsam mit den Gastautoren und -autorinnen Balázs Both und Zsuzsa Rakovszky aus Sopron sowie Wolfgang Millendorfer aus Mattersburg (Einspielung), begaben wir uns mit Beatrice Simonsen entlang dieser geschichtsträchtigen Demarkationslinie auf einen poetologischen Streifzug durch, in und über die Zeit einer Region.

Die “Grenzräume” wurden live aufgenommen am Sonntag, den 30. Oktober 2016 in Siegendorf (Interview mit Beatrice Simonsen im Gasthaus Sonnenstrahl), sowie an der österreichisch-ungarischen Grenze zwischen Sopron und St. Margarethen, am und um dem “Tor zur Freiheit”, das anlässlich des Falls des Eisernen Vorhanges im Jahr 1989 errichtet worden ist. Als Ergebnis dieses Streifzugs ist ein poetischer “Hörnimbus” entstanden, ein grenzüberschreitendes Audiodokument begleitend zum Buch!

English Translation

Beatrice Simonsen’s book Grenzräume: eine literarische Spurensuche im Burgenland (edition lex liszt12) explores her native homeland of Burgenland – a borderland between Austria/Hungary – from differing views and differing perspectives.

In this “Pannonian reflection”, the invited authors from both Austria and Hungary engage in a kind of ‘literary bordering’ with the different worlds of lives, people, ethnicities, and languages as well as with various personalities from politics, art and literature who shape this region. Not to mention the great landscapes and mood descriptions!

In this program, Beatrice Simonsen, together with the guest authors Balázs Both and Zsuzsa Rakovszky from Sopron, and Wolfgang Millendorfer from Mattersburg, embark upon a poetological journey along this intriguing border region through, into and over historical timelines of demarcation.

The “border areas” were recorded live on Sunday, 30th October 2016 in Siegendorf (the interview with Beatrice Simonsen taking place at the Gasthaus Sonnenstrahl) as well as on the Austro-Hungarian border between Sopron and St. Margarethen both at, and around, the Gate to Freedom. The result is a poetic höronimbus of the first order!

English Translation: Marcus D. Niski, 11/2016

+++

Musik:

Pristup – Burgenland

Pristup – Oj, Jelena

Kálmar Pál – Elmonadi jaj de nehez [it is difficult to tell]

Kálmar Pál – Szomoru vasarnap [gloomy sunday]

Vali Racz – Cserlnek magaval

Gábor Putnoky – Egyszer lattam a tengert

D´housemusi – Komisch Pannonisch

Németh Dénes – Hallgató Csárdás

Leningrad Cowboys – Those were the days

Jenö Takács – Sonata breve op 67

+++

Verlage/Editionen

“Grenzräume. Eine literarische Spurensuche. Beatrice Simonsen (Hg.). edition lex liszt12. Oberwart. 2015.

Reihe: die horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik (Hg. von Jürgen Krätzer).Bd. 264, 61. Jahrgang. Wallstein-Verlag.Göttingen.2016.

Online Veröffentlichung der deutschen Übersetzung von Zsuzsa Rakovszky´s Gedicht mit freundlicher Genehmigung des Wallstein Verlages!

Zsuzsa Rakovszky “Címkék: nyár, Balaton, felejtés, olasz filmek – Stichworte: Sommer, Balaton, Vergessen, italienische Filme”. Übersetzung ins Deutsche Anne-Marie Kenessey.

Zsuzsa Rakovszky
Stichworte: Sommer, Balaton, Vergessen, italienische Filme

Augustsüße, der Geschmack von schmelzendem
Eis und Sommersonne in unserem Mund.
In Schlappen laufen wir herum, vor Hitze fahl
der Himmel, wie im eigenen Zimmer.
Das Leben endloser Urlaub,
ein Garten, wo jetzt und auf ewig Sommer ist,
vom Über-Ich mit dem Flammenschwert unbehütet – Musik
und das schlangenlose Eden sonnenglänzender Körper.

Eine mächtige Lavalampe, die Sonne brennt,
sinkt hinter die Bergkette des anderen Ufers.
Im Ferienheim der Kunstseidefabrik
am Pingpongtisch
ein kleiner Auflauf[1]. Rolling Stones wird gespielt
in der Bar, das Schilfrohr schwankt im Abendwind.
Die Neonreklame des Seehotels flammt.
Wir schlüpfen aus den schweren, nach Wasser riechenden Badeanzügen.

Fischgeruch. Mückenreiche Abenddämmerung.
Im TV-Zimmer brennt schon das Licht.
In der Ferne ein Knall. Hinter dem Horizont
wechselt die Kulisse. In den Gartenkinos
unter den Palmen eines anderen Lebens
blitzen die Schultern italienischer Filmsterne.
Rauch steigt auf. Neue Losungen werden an die Himmelstafeln
geschrieben: Vergessen, Leere, Leichtigkeit.

Die Armbanduhr knackt: jetzt wechselt das Zeitalter.
Etwas ist jetzt für immer vorbei.
Die Filmmusik ist endgültig verklungen.
Das metallische Zirpen der Grillen ertönt.
Glimmende Kippen, Sternschnuppen
zeichnen eine glühende Flugbahn an den Himmel.
Das Café Meerjungfrau wird eben geschlossen.
Die Nähe des Wassers ist zu spüren, im Dunkeln.

Aus dem Ungarischen von Anne-Marie Kenessey
[1] Anm.: Menschenauflauf

Címkék: nyár, Balaton, felejtés, olasz filmek
Augusztus édessége, olvadó
fagylalt és napsütés íze a szánkban.
Papucsban járkálunk hőtől fakó
égbolt alatt, akár saját szobánkban.
Az élet végtelen vakáció,
egy kert, ahol most és örökre nyár van,
s lángpallossal nem őrzi a felettes én – zene
és napsütötte testek kígyótlan édene.

Hatalmas lávalámpa, ég a nap,
a túlpart hegysora mögé alászáll.
A műselyemipari vállalat
üdülőjének pingpongasztalánál
kisebb tömeg. Rolling Stonest játszanak
a bárban, esti szellőben ing a nádszál.
A Tó Hotel neonreklámja lángol.
Kibújunk vízszagú, nehéz fürdőruhánkból.

Halszag. Szúnyogban gazdag alkonyat.
A tévészobában már ég a villany.
Távol dörej. Díszletet váltanak
a láthatár mögött. A kertmozikban
egy másik élet pálmái alatt
olasz filmcsillagok válla villan.
Füst száll. Új jelszavak íródnak épp az ég
tábláira: felejtés, üresség, könnyűség.

Karóra kattan: most vált korszakot.
Valaminek most van örökre vége.
A filmzene végleg elhallgatott.
Fölcsap a tücskök fémes csiriplése.
Parázsló csikkek, hullócsillagok
rajzolnak izzó röppályát az égre.
A Hableány presszóban zárnak éppen.
A víz közelségét érezni a sötétben.

+++

Die Autorinnen und Autoren:

Beatrice Simonsen lebt als Kulturveranstalterin, Autorin und Literaturkritikerin in Wien und im Burgenland. Literarische Veröffentlichungen in Anthologien (2016 in „Behaust. Menschen unter Dach im Burgenland“ hg. von Katharina Tiwald, in „Beherrschen Sie sich“ hg. von Elena Messner und Eva Schörkhuber). 2015 Herausgabe von „Grenzräume. Eine literarische Spurensuche im Burgenland” (edition lex liszt 12), 2005 “Grenzräume. Eine literarische Landkarte Südtirols” (Edition Raetia). Seit 2013 Konzeption und Organisation von Projekten für “Kunst und Literatur”.

Zsuzsa Rakovszky was born in Sopron and earned a teaching certificate in Hungarian and English from the University of Budapest. From 1975 to 1981, she worked as a librarian. She published two poetry collections: Jóslatok és határidők (Prophecies and Deadlines) in 1981 and Tovább egy házzal (One house up) in 1987. Rakovszky received the Attila József Prize in 1987. She has won numerous prizes as one is the Tibor Déry Prize and the (Robert) Graves Prize.
Rakovszky has translated works by a number of English and American poets into Hungarian. Aswell she published prolific publications in numerous anthologies.
Selected works:
Fehér-fekete (white-black), poems (1991), Egyirányú utca (One way street), poems (1998), A kigyó árnyéka, deutsche Veröffentlichung unter: [Im Schatten der Schlange] (2005)

Wolfgang Millendorfer wurde am 1. Oktober 1977 in Eisenstadt geboren und wuchs in Sigleß auf. Er studierte in Wien und lebt und arbeitet heute als Journalist und Autor in Mattersburg. Er wirkte an Theater- und Filmprojekten mit, ist Initiator verschiedenster Kunst-Events und Musik-Experimente und veröffentlichte unter anderem die Erzählbände Stammgäste (edition lex liszt 12, 2007) und Doppelgänger (edition lex liszt 12, 2011). Zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt Burgenlandstiftung Theodor Kery 2012, der Burgenländische Literaturpreis 2011, das Aufenthalts-Stipendium des Landes Burgenland im Künstleratelier Paliano, Italien (April 2011). web: www.wolfgang-millendorfer.at

Balázs Both, geboren 1976 in Sopron. Zahlreiche Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften seit 1999 sowie in der Anthologie “Gedichte des Jahres”. Gedichtbände:Árnyéktalan pillanat (2005) (Ein Moment ohne Schatten), Látogatód jön (2010) (Der Besucher kommt), Ha nem marad kimondatlan (2013) (Wenn es ungesagt bliebe). Der Autor lebt in Sopron.

+++

wallyre 11/16

12.11.2016

Text: Wally Rettenbacher, Fotos: Ábel Both

Nachlese Gemeinsam unterwegs am 25. September

“eine gewellte steinkulisse, besetzt, belesen und angehüpft, und eine literarische ameisenstraße, die sich durch die büsche schlägt, bei kaiserwetter, gesäumt, beäugt von den gottesanbeterinnen, den hügel-herrinnen” (Natalie Deewan)

… Der Sonntag Nachmittag auf dem Hügel von St. Margarethen begann mit lebhaften Erinnerungen an die Zeit der Internationalen Bildhauersymposien von SEBASTIAN PRANTL während einer Führung durch das Bildhauerhaus und zu einigen Skulpturen im Rahmen von Tag des Denkmals. Gespannt folgte eine Gruppe von rund 60 Personen seinen Ausführungen, auf die eine Lesung von SUSANNE TOTH zum Thema Denkmal folgte. Die Autorin nützte den Eichenhain rund um die Skulptur von Krishna Reddy als Raum für eine eloquente Performance. Danach lockten drei Autorinnen von kollektiv roman – NATALIE DEEWAN, VEZA QUINHONES-HALL und EVA SCHÖRKHUBER – ihre Zuhörer_innen hügelaufwärts, immer gemeinsam unterwegs auf den Spuren eines literarischen Experiments. Die mitreißende Wanderung auf dem dicht bewachsenen Hügel zwischen geheimnisvollen Sandsteinfiguren machte schließlich neugierig auf den letzten Programmpunkt im Bildhauerhaus, einer musikalischen Lesung mit LUNA AL-MOUSLI und SALAH AMMO. Beide aus Syrien stammend, zauberten sie eine fremdartige Welt in das burgenländische Bildhauerhaus, das somit die lange Tradition der Beherbergung internationaler Kunstschaffender wieder aufgreift. An diesem Tag war für die Gäste im LITERATUR RAUM im BILDHAUERHAUS etwas Besonderes spürbar, nämlich dass wir alle Teil einer gemeinsamen Bewegung auf dieser Welt sind.

Informationen zum Programm vom 25. September 2016

Fotos: © Natalie Deewan (Foto unten) und Dirk Simonsen (Galerie oben)

Literatur Raum im Bildhauerhaus 2016

25. September GEMEINSAM UNTERWEGS

 

Auf dem Hügel von St. Margarethen mit Skulpturen von Milena Lah

LITERATUR RAUM im BILDHAUERHAUS St. Margarethen im Burgenland

Sonntag, 25. September 2016

GEMEINSAM UNTERWEGS im Rahmen von TAG DES DENKMALS

Beginn 15 Uhr

Führung durch das Bildhauerhaus und zu einigen Skulpturen mit SEBASTIAN PRANTL, Choreograph und Obmann des Vereins Symposion Europäischer Bildhauer

* Lesung Performance mit SUSANNE TOTH 

* Wanderlesung mit kollektiv roman

* Musikalische Lesung mit LUNA AL-MOUSLI und SALAH AMMO

Wir sind gemeinsam in der Welt unterwegs – von manchen bleibt keine Spur zurück, andere hinterlassen Denkmäler, Gedenksteine. St. Margarethen war ab 1960 ein Ort der Erprobung für Bildhauerinnen und Bildhauer, die über neue Formen der Steinbildkunst nachdachten. Die steinernen Zeichen auf dem Hügel von St. Margarethen geben Zeugnis davon. Nach der Führung von Sebastian Prantl – Sohn des Bildhauers Karl Prantl – in die Vergangenheit der Internationalen Bildhauersymposien laden uns die Darbietungen der eingeladenen Autor_innen in die aktuelle Welt der Literatur ein. Zu jeder Zeit geht es in der Kunst ebenso um Erinnerung wie um Erneuerung, Experiment und Zukunftsvision. Daher widmet sich Susanne Toth mit einem literarischen Performance-Text den steinernen Denkmälern, die Gruppe kollektiv roman nimmt uns mit auf eine experimentelle Reise in die freie Welt der Wissenschaft und die junge syrischstämmige Autorin Luna Al-Mousli führt uns – musikalisch begleitet vom syrisch-kurdischen Musiker und Komponisten Salah Ammo – an den Ort ihrer Kindheit nach Damaskus. Dies alles macht spürbar, dass wir Menschen gemeinsam in der Welt unterwegs sind – lassen Sie sich von Kunst und Literatur inspirieren! Mehr Informationen zu unseren Gästen finden Sie auf dieser Seite weiter unten.

Kostenbeitrag: 10 € für Erwachsene (inkl. 1 Glas Wein), 5 € für Jugendliche

Ein Bus-Shuttle bringt Sie zum Preis von 10 € von Wien nach St. Margarethen direkt zum Bildhauerhaus und zurück nach Wien. Abfahrt ist in Wien am Schwedenplatz um 13.45 Uhr (erreichbar mit U1 und U4), Rückfahrt um ca. 18.15 Uhr. Buchung der Busfahrt bei beatrice.simonsen@gmx.at bis spätestens 18. September oder unter Tel. 0660/486 11 57.

Anfahrt zum Bildhauerhaus: Ruster Straße nach dem letzten Kreisverkehr in St. Margarethen, Parkplatz linker Seite am Fuße des Hügels, dem Schild “Bildhauerhaus” folgen. Mehr Informationen zum Ort siehe www.bildhauerhaus.at

Informationen zu den Autor_innen und Künstler_innen:

Luna Al-Mousli

Luna Al-Mousli © Marie-Christine Gollner-Schmid

Luna Al-Mousli                       Foto © Marie-Christine Gollner-Schmid

geboren 1990 in Melk, aufgewachsen in Damaskus, lebt und arbeitet sie heute als Autorin und Grafik Designerin in Wien. Sie studierte Grafik Design an der Universität für Angewandte Kunst, „Eine Träne. Ein Lächeln“ ist ihre Abschlussarbeit. Als Schülerin war sie Stipendiatin des START-Stipendienprogramms und engagiert sich heute weiterhin im Bereich Bildung und Integration, wie beispielsweise im Projekt „TANMU – Lernhilfe für jugendliche Flüchtlinge“. Luna Al-Mousli: „Vierzehn Jahre meines Lebens verbrachte ich in einer der ältesten Städte der Welt – in Damaskus. Mit 44 Geschichten aus meiner Kindheit und Jugend gebe ich einen Einblick in das Leben dieser Stadt. Ich erinnere mich an Orte, die nicht mehr existieren, und an Menschen, die nicht mehr sind, wo sie einmal waren. Meine Familie ist über die Welt verstreut. Die aktuelle Lage in Syrien ist geprägt von Bürgerkrieg, Angst und Flüchtlingselend, es gibt so wenig Hoffnung, das Land je wieder aufbauen zu können. Inspiriert von Hakauwati, dem Erzähler, der das Leben mit seinen Geschichten verzaubert, verspürte ich den Drang, meinen Freunden in Europa Geschichten aus Damaskus zu erzählen. Sie sind zweisprachig: deutsch, da ich seit zehn Jahren in Wien lebe, und arabisch, da ich mein Buch mit meinen Verwandten in Damaskus teilen will.“ Die Autorin liest aus ihrem Buch “Eine Träne. Ein Lächeln. Meine Kindheit in Damaskus”, das 2015 bei Weissbooks erschienen ist.

Salah Ammo

Salah Ammo Foto © Shiar Ali

Salah Ammo                       Foto © Shiar Ali

Der syrisch kurdische Musiker begleitet Luna Al-Mousli bei ihrer Lesung im Bildhauerhaus. Salah Ammo lebt seit 2013 in Wien. 2014 war er im Finale des “Austrian World Music Award“ und sein Album ASSI (2014) wurde für die Bestenliste für den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“ nominiert. Salah graduierte 2004 am Higher Institute of Music in Damaskus, Syrien. Er war und ist vielseitig tätig, als Bouzouk Spieler, ehemals als Musiklehrer an der Music academy Homs-Syria, als Komponist und Sänger, und hat an verschiedenen Musik Workshops und Konzerten sowohl in der Arabischen Welt als auch in Europa teilgenommen. Salah Ammo hat bisher drei Alben publiziert: 2010 “Morning Breeze” mit eigenen Kompositionen für Bouzouk, Stimme und begleitende Instrumente, 2011 “Places and Directions” für seine Band “Joussour” (‘Brücken’) und 2014 “Assi – A Story of a Syrian River” mit dem österreichischen Percussionisten Peter Gabis.

www.salahammo.com

kollektiv roman : wollen schon

kollektiv roman wollen schon

kollektiv roman : wollen schon

 Natalie Deewan (Wien), Florian Haderer (Sarajevo), Heide Hammer (Wien), Alexandra König (London), Katja Langmaier (Wien), Sonja Mönkedieck (Hamburg), Fanny Müller-Uri (Wien), Veza Quinhones-Hall (Wien), Thomas Schmidinger (Wien), Eva Schörkhuber (Bratislava), Kurto Wendt (Wien).     11 AutorInnen schreiben dreieinhalb Jahre lang einen Kollektivroman: “Wer lässt sich schon auf eine Wette mit einem Toten ein? Wer stellt das eigene Leben für drei Jahre auf den Kopf, um kollektiv zu arbeiten? Und was werden die Nachbar_innen denken? Zehn Personen reisen an. Verstrickungen und Differenzen, Ressentiments und Fantasien reisen mit.” Die Figuren arbeiten sich in ihren Anreise- und Entscheidungsgeschichten an einer Einladung ab, für drei Jahre an einem Freien Institut zu leben und zu arbeiten. Der Gastgeberin Hannah kam das Geld für die Finanzierung dieses Vorhabens aus der Wette mit einem Toten zu. Freie Wissenschaft sei für die heutige Forscher*innen-Generation doch nur „… ein Propaganda-Begriff. Eine leere Hülse !“ Die Fantasien von Unabhängigkeit und Kollektivität sollten so unter zumindest ökonomisch freien Bedingungen einem Praxistest unterzogen werden. Einige der 11 AutorInnen lesen aus dem 2016 im Zaglossus Verlag erschienenen Roman “wollen schon”.
https://www.facebook.com/profile.php?id=100011044870557 

https://vimeo.com/kollektivroman
Eine Wanderlesung: “Die winzige Figur legt den Leergang ein. Sie fährt eine Runde. Unterwegs steigen diverse Passanten, Passantinnen zu. Ungefragt wollen sie mit, wohin auch immer die Reise geht. Die Figur, beschenkt mit frischer Leerzeit, schneidet ein Stück davon ab. Da hast du. Das spricht sich natürlich herum.”


Sebastian Prantl

Sebastian Prantl

Sebastian Prantl

 ist Choreograph und Obmann des Symposion Europäischer Bildhauer (SEB). Der Choreograph und Tänzer Sebastian Prantl ist vielschichtig engagiert. Basierend auf einer langjährigen, internationalen Bühnenerfahrung, exemplarischer Performancepraxis und theoretischem Unterricht an universitären Einrichtungen widmet er sich nun auch seit 2011 der Symposions Idee seines Vaters, des Bildhauers Karl Prantl.
www.bildhauerhaus.at

Mittels eines erweiterten Choreographie Begriffes (über Produktion und Präsentation hinausgreifend) untersucht er grundlegende Bewegungsstrukturen im Lebenszusam-menhang und widmet sich der Wissensproduktion von Kulturtechniken (Körper, Geist & Natur). Er stimuliert den Austausch von internationaler Expertise über einzelne Disziplinen hinweg und kreiert gemeinsam mit seiner Frau, der aus Taiwan stammenden Konzertpianistin Cecilia Li, besondere Foren (International ChoreoLab Austria im Bildhauerhaus St. Margarethen und im Tanzatelier Wien), die neue Synergien entwickeln. Basierend auf den individuellen, transkulturellen Herangehensweisen von ProtagonistInnen verbindet er Tanz & Musik, Sprache & Schrift (Friederike Mayröcker), Architektur & Bauen, Gärtnern & Ernährung…

Das Tanz Atelier Wien (TAW) www.tanzatelierwien.at dient seit 1988 der Projekt-entwicklung und fungiert als Office und ‚CityLab’. Als Außenraum ‚CountryLab’ dazu, steht der Kunst- und Naturraum des Symposion Europäischer Bildhauer (SEB) in St. Margarethen/ Bgld. und dessen Vereinssitz, das exemplarische Bildhauerhaus. Diesen besonderen Ort als immateriellen, universalen Denk- und Aktionsraum für kunstbasierte Forschung weiter zu gestalten, ist Auftrag und Vermächtnis zugleich. Eine Vielzahl an skulpturalen Zeichen, Spuren und Land-Art Manifestationen sind am Hügel von St. Margarethen ablesbar und werden immer wieder neu entdeckt und interpretiert.

Susanne Toth

Susanne Toth ©ris haderer

Susanne Toth                         Foto ©ris haderer

  geboren im Burgenland, lebt und arbeitet seit 1982 in Wien. Poetin, Prosaschreiberin, Sprecherin. Zuvor viele andere Berufe. Seit 1999 zahlreiche Lesungen und Text-Performances (mit improvisierter Musik) im In- und Ausland. Schreibt und publiziert in deutscher und englischer Sprache. Mitglied der Grazer Autorinnen Autoren Versammlung und der IG Autorinnen Autoren. Zuletzt erschienene Texte: in: „BEHAUST. Menschen unter Dach im Burgenland“ (Anthologie, Hg. Katharina Tiwald, Edition Marlit, 2016). Weiters in: „denk•mal“ – [kunstwerk] krastal – Katalog des 48. Internationalen Bildhauersymposions 2015 (Wien 2016) • „gebrauchs/gut. OBERFLÄCHE.“ Buch & Hörbuch, Editon lex liszt12, 2008/2012 • aktuelle Hörbeispiele auf: susannetoth.wordpress.com/category/hoerbeispiele/

__________________________

ON THE ROAD MIT KRISHNA

die finger der sonne
ergreifen die berge

wie viel denk
mal braucht ein leben

der süsse tau
benetzt mir flügel

wie viel denk
mal kann es geben

die tore des himmels
liegen offen

wie viel denk
mal schafft das hoffen

EIN PERFORMANCE-TEXT FÜRS FREIE

___________________________________

© Susanne Toth

*******

Diese Veranstaltung wird vom Bundeskanzleramt – Sektion Kunst, der Gemeinde St. Margarethen und der Kulturabteilung des Landes Burgenland gefördert. Sponsor: Energie Burgenland.

Kooperationen: Grazer Autorinnen Autorenversammlung, Symposion Europäischer Bildhauer, www.tagdesdenkmals.at

Beitragsfoto (© Dirk Simonsen): Skulptur von Krishna Reddy (1962)
Foto oben (© Dirk Simonsen): Skulpturen von Milena Lah (1971) auf dem Hügel von St. Margarethen

10. April: Literatur Raum im Bildhauerhaus – Nachlese

 

“PASSION”

Sonntag, 10. April 2016

CLEMENS BERGER, MILA HAUGOVÁ und GERHARD JASCHKE lasen zum Thema “Passion” anlässlich der heuer im Sommer in St. Margarethen im Burgenland stattfindenden Passionsspiele. Der Cellist des Haydn Quartetts NIKOLAI NEW spielte einige Sätze aus der 5.Suite in c-moll von Johann Sebastian Bach.

Die Doppeldeutigkeit des Wortes „Passion“ war Thema des letzten Literatur Raums. Dreht es sich einerseits um das leidenschaftliche Tun, um die Liebe zu Dingen oder Menschen, handelt es sich andererseits um das Leiden schlechthin, um die Passion in christlichem Sinn. Dieses Thema wurde von den Autoren ebenso vieldeutig angesprochen und weitergesponnen, wobei die 1969 von Franz Xaver Ölzant in Kreuzform geschaffene Skulptur Pate stand und Musik von Johann Sebastian Bach, dem Komponisten berühmter Passionsmusiken, den klassischen Kontrapunkt zur zeitgenössischen Literatur setzte. Ein Spaziergang zur Skulptur, die prominent über dem Bildhauerhaus thront, gab den prächtigen Blick auf die frühlingshafte Landschaft frei.

Seit mittlerweile 40 Jahren ediert der Wiener Autor Gerhard Jaschke die „Zeitschrift für Literatur und Kunst“ Freibord, die auch unter den Namen Feribord oder Firebord erscheint, was bereits die Neigung des Autors zum Wortspiel verrät. Jaschkes Interesse gilt der bildenden Kunst, der Konkreten Poesie, Fluxus und Dada. Schon seit den frühen 1970er Jahren erschienen Publikationen oft in gedanklichem Bezug auf Künstler- und Autorenkollegen. Es ist ein Schreiben mit inhaltlicher Welthaltigkeit einerseits (Kurzprosa) und mit formaler methodischer Beschränkung (Lyrik) andererseits. 1986 bis 2009 war erLehrbeauftragter für Literaturgeschichte an der Akademie der bildenden Künste, wo auch der Bildhauer Franz Xaver Ölzant tätig war – aus gegebenem Anlass bezieht Jaschke sich u.a. auf die Kreuz-Thematik in dessen Werk.

Mila Haugová lebt als Schriftstellerin und Übersetzerin (z.B. von Georg Trakl, Ingeborg Bachmann oder Friederike Mayröcker) in Bratislava und Levice. Sie war Redakteurin der Literaturzeitschrift Romboid und veröffentlichte bisher 18 Gedichtbände, die in viele Sprachen übersetzt wurden, darunter erschienen fünf Bücher auf Deutsch. Die vielen Formen der Liebe werden in Mila Haugovás Werk immer wieder poetisch beschworen, die suggestive Sprache, die sie hierzu findet , ist subtil und zärtlich in ihrer menschlichen Hinwendung vor der Anwesenheit Gottes. Bruchstückhafte Bilder muten surreal wie Träume an, eingebettet in eine stets präsente Tier- und Pflanzenwelt. „Schlaflied wilder Tiere“ ist der Titel ihrer zuletzt in der Edition Korrespondenzen zweisprachig edierten Gedichte (Übersetzung gemeinsam mit Anja Utler).

Prosa ist das bevorzugte literarische Genre von Clemens Berger, der als freier Schriftsteller in Wien und zeitweise in Deutschland lebt. Der in Oberwart im Burgenland aufgewachsene Autor studierte Philosophie und veröffentlichte neben einigen Werken für das Theater mehrere Erzählbände und bisher vier viel beachtete Romane (u.a. Das Streichelinstitut). Mit feinem Gespür fühlt er der psychologischen Disposition seiner Figuren nach, die zeitweise von skurrilen Auswüchsen dominiert werden wie in der Erzählung „Und hieb ihm das rechte Ohr ab“, wobei der szenische Hintergrund – die Aufführung von Passionsspielen – an St. Margarethen erinnert.

Auf Anregung des Gründers der Internationalen Bildhauersymposien in St. Margarethen Karl Prantl übersiedelten die Passionsspiele 1961 in den Römersteinbruch der Esterhazyschen Privatstiftung. In der einzigartigen Naturkulisse des Steinbruchs kann dort den Besuchern ein unmittelbares, fast wirklichkeitsnahes Miterleben der Passion ermöglicht werden. Die Passionsspiele finden vom 18. Juni bis 21. August 2016 statt.

Nächster LITERATUR RAUM im BILDHAUERHAUS ist am 25. SEPTEMBER 2016!

Küstlerbiographien:

Clemens Berger

Clemens Berger (Foto: Andreas Duscha)

 


geboren 1979 in Güssing, aufgewachsen in Oberwart, studierte Philosophie in Wien, wo er als freier Schriftsteller lebt. Bücher: Der gehängte Mönch (2003), Paul Beers Beweis (2005), Die Wettesser (2007), Gatsch / Und Jetzt. Zwei Stücke (2009), Und hieb ihm das rechte Ohr ab (2009), Das Streichelinstitut (2010), Ein Versprechen von Gegenwart (2013)

Mila Haugová

Mila Haugová  (Foto: privat)

Mila Haugová
(Foto: privat)

 

geboren 1942 in Budapest, lebt und arbeitet als Dichterin und Übersetzerin in Levice und Bratislava in der Slowakei. Der Band “Schlaflied wilder Tiere” ist eine von der Autorin zusammengestellte Auswahl aus den beiden Gedichtbänden Biele rukopisy (»Weiße Handschriften«, 2007) und Miznutie anjelov (»Das Schwinden der Engel«, 2008). Ebenfalls in der Edition Korrespondenzen erschien 2001 der Gedichtband “Sandatlas”.

Gerhard Jaschke

Gerhard Jaschke (Foto: www.literaturundwein.at)

Gerhard Jaschke
(Foto: www.literaturundwein.at)

 

geboren 1949 in Wien, seit 1970 freischaffender Autor. 1976 gründete er zusammen mit Hermann Schürrer die Zeitschrift und Edition Freibord, die auch unter den Namen Feribord oder Firebord erscheint. Kurzprosa, Lyrik und Zeichner, Texte zu bildender Kunst. Aktuelle Auswahl seiner zahlreichen Publikationen: Seltsam fruchtbar. Anagramme (2008), Weltbude (2009), Abwesend anwesend – Anwesend abwesend. Noch mehr Weltbude (2012), kopflinien kontakte (2014), Kurumba oder Die nicht geschriebenen Sätze (2014). Bis 2015 gemeinsam mit Ilse Kilic Geschäftsführer der Grazer Autorenversammlung.

Seine Lesung bezieht sich zum Teil auf die Skulptur von Franz Xaver Ölzant: geboren 1934 in der Steiermark, 1955-1958 Studium an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, 1958- Ateliers in Niederösterreich und Wien, 1986-2001 Professur an der Akademie der bildenden Künste Wien. Mehr Informationen zu seinem Werk finden Sie unter www.oelzant.at

Nikolai New

Nikolai New (Foto: privat)

Nikolai New
(Foto: privat)

geboren in Reading (England),  studierte Musik (Cello) in Cincinatti (USA) bei Zara Nelsova und dem La Salle Quartett, an der Menuhin Music Academy in der Schweiz bei Radu Aldulescu und an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf bei Johannes Goritzki. Meisterklassen besuchte er bei David Geringas, Boris Pergamenschikow und Pierre Fournier.

1985 bis 1987 konzertierte er weltweit mit der Camerata Lysy Gstaad und Lord Yehudi Menuhin, danach war er Mitglied der Deutschen Kammerakadiemie Neuss. Nikolai New ist seit 1991 Mitglied des Haydn Quartetts und gefragter Kammermusiker auch im Bereich der alten Musik.


Besonderer Dank gilt unseren Partnern, Unterstützern und Sponsoren:

Bundeskanzleramt Österreich – Kunst, GAV, Gemeinde St. Margarethen, Land Burgenland – Kultur, Symposion Europäischer Bildhauer und Baufirma WAHA

Fotos: Dirk Simonsen

5. April: Beherrschen Sie sich

Theseustempel

 

Regierungsviertelungen ist soeben im Verlag Sonderzahl erschienen. Herausgeberinnen sind Elena Messner & Eva Schörkhuber. BUCHPRÄSENTATION ist am 5. April 2016 um 19 Uhr in der Alten Schmiede, Wien.

 

Mit Textbeiträgen von Thomas Ballhausen, Mascha Dabic, Natalie Deewan, Magdalena Diercks, G.H.H., Elena Messner, Zlatko Pakovc, Ivana Perica, Jorghi Poll, Dalibor Plecic, Robert Prosser, Alex. Riener, Eva Schörkhuber, Beatrice Simonsen und Dominik Srienc

Fotocollagen von Dana Rausch und Karten von Philipp Markus Schörkhuber
ca. 140 S.
Format: 13,5 x 21 cm
€ 15,–
ISBN 978 3 85449 450 8
Sonderzahl: “Beherrschen Sie sich – Regierungsviertelungen”

Ein kühler Wind weht vom Heldenplatz zu uns herüber …

Wie weit es wohl reicht, das Regierungsviertel in Wien? – Hofburg, Ballhausplatz, ja, und dann? Und: Wie weit reichen die Regierungen hinein in unsere alltäglichen Geschäfte und Gepflogenheiten, in unser Leben, in unsere Körper? – Nicht auf einem eindeutig abgesteckten Territorium bewegen wir uns mit diesen Fragen, sondern auf einem vagen, vielschichtigen Terrain, mit dem sich zeitgenössische Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Polen, Serbien, Österreich und Kroatien auseinandergesetzt haben. Literarisch befragt wurden die Plätze, Schichten und Geschichten, die Gebäude und die in diesen gepflogenen und tradierten Umgangs- und Regierungsformen.

Unwiederbringlich (G. H. H.) sind jene Momente, die sich freimachen, die auftauchen, wie im Freien Fall (Dalibor Plecic), die so manches aufwirbeln im Wohn­zimmer der Republik (Beatrice Simonsen), die den Lonely Planet (Mascha Dabic) umkreisen wie widerspenstige Trabanten. Eine Aufsichtsprüfung (Elena Messner) gefällig, vielleicht, zum Blankpolieren der Nerven und Bilanzen? Oder, besser noch, mit Otto, Robert, Jon (Natalie Deewan) zu konversieren, Beziehungen zum Hegemon sind nicht von Nachteil, Sie wissen schon! Die Zeichen zu deuten, auffliegen oder verschwimmen zu lassen hilft die Kleine Zeichenkun­de (Thomas Ballhausen) und ob Eins Zwei Drei Vier (Alex. Riener) Aufmarsch oder Abmarsch bedeutet – nun, das müssen Sie schon selbst herausfinden. Klappe, die nächste (Jorghi Poll) und schon geht’s weiter – auf zur Podiumsdis­kussion (Ivana Perica), bei der Sätze zu Legehennen und Gedanken zu Suppenhühnern werden, ein eifriges Gegacker, jedenfalls. Die Kunst, nicht dermaßen regiert zu werden (Eva Schörkhuber), allerdings, die legt sich kein Ei und pfeift auf die Bodenhaltung. Ein Kopf ist er sich selbst (Domenik Srienc), mein lieber Schwan, ein krauser Kopf. Auch Das Geschenk vom Kaiser (Magdalena Diercks) ist eine Frage der Zeit, die ihre Zähne in die Pflastersteine schlägt.

Leseproben:

Tagsüber wandern wenige Touristen übern Helden­platz, verlangsamen den Schritt, gehen an den Fiakern vorbei, um, so scheint es, ein wenig vom Wiener Idiom zu erhaschen, welches Reiseführer oder Tourguide versprechen und die schnauzbär­tigen, mit Melonen behüteten Kutscher tatsäch­lich in erstaunlicher Prägung beherrschen. (Robert Prosser: Weißwasche)

Die üppigen Rosenbeete im Volksgarten, die glatten Steinfliesen der inneren Burg, die dunsti­gen Innenräume der Nationalbibliothek, der gekehrte Vorplatz der Stallburg, auf dem sich die gestriegelten Lipizzaner recken, sind mein Zu­hause. Die Fiakerfahrer mit ihren dicken Ross­schwänzen, den mageren Pferden und den aufge­putzten Kutschen am Heldenplatz, die asiatischen Cellisten unter der Michaelerkuppel, die blinden Sänger am Graben, die durch die Innenstadt lärmenden Schulklassen, die vorm Haas Haus jausnenden Kindergartenkinder, die als Edelmänner verkleideten Slowaken am Stephans­platz, die geschminkten Damen mit den Ein­kaufssackerln teurer Boutiquen, in denen sie ihr Mittagessen ins Büro tragen, die jungen Männer in schwarzen Anzügen mit zu langen Ärmeln, zu kurzen Hosen und ungeputzten Schuhen, die knienden Bettler an den Straßenecken sind meine Familie.
(Beatrice Simonsen: Im Wohnzimmer der Republik)

Texte zum Anhören

Fotos: Natalie Deewan und Eva Schörkhuber

Soundspaziergang2014